Beschlussvorschlag
Die Stadtverwaltung wird beauftragt, die Satzung der Stadt Leipzig über die Erhebung von
Erschließungsbeiträgen (Erschließungsbeitragssatzung) bis Ende 2025 grundlegend zu
überarbeiten. Dabei sollen vor allem folgende Punkte Berücksichtigung finden:
- Bei der Feststellung, ob sich die Herstellung, Verbesserung, Erneuerung oder
Erweiterung von Straßen, Wegen und Plätzen als Ausbaumaßnahme oder
Erschließungsmaßnahme erweist, sind die Leitsätze des Urteils des
Bundesverwaltungsgerichts vom 11.07.2007 (Az: BVerwG 9 C 5.06) zwingend zu
beachten. Insbesondere sind dabei die gerichtlich konkretisierten Beweislastregeln zu
beachten. Des Weiteren sind ehemals bestehende örtliche Ausbaugepflogenheiten
allgemein durch geeignete Maßnahmen in Erfahrung zu bringen, um diese bei der
Erstellung von Straßenbaukonzeptionen im Hinblick auf die beitragsrechtlich erfolgende
Kategorisierung frühzeitig zu berücksichtigen. - Abbildung rechtssicherer Möglichkeiten zur Senkung der Anliegeranteile
Sachverhalt
Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge im Jahr 2019 durch Beschluss des Stadtrates
hat zu einer spürbaren Entlastung vieler Bürger geführt. Die Diskussion im Stadtrat zeigte,
dass ein Bewusstsein dafür besteht, dass Anlagen des Allgemeinwohls nicht durch einige
wenige Anlieger zu bezahlen sein sollten. Die Entlastung der Anlieger schafft dabei auch
sozialen Frieden innerhalb der Stadt und verhindert verwaltungsrechtliche Streitigkeiten im
großen Stil.
Zugleich ist zu vergegenwärtigen, dass Anlieger von oftmals seit Jahrzehnten bestehenden
Straßen mit unbefestigter Deckschicht (ugs. Sandstraßen), die auf eine Herstellung nach
heutigen Standards warten, von der Abschaffung der Straßenbaubeiträge nicht profitieren.
Beispielhaft seien hier der Walter-Günther-Weg, Am Hohen Graben, Zum Lippenplan, Am
Eulengraben, Margeritenweg, Colmberg-Siedlung, und ein Teil des Christian-Wille-Weges
genannt. Hintergrund ist die bundesrechtliche Regelung des Erschließungsbeitragsrechts,
welche jedoch Kommunen einen gewissen Gestaltungsspielraum durch Satzungserlass
lässt.
Fest steht, dass die Erwägungen, die zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge führten, in
jeder Facette ebenso auf die Erschließungsbeiträge zutreffen.
Um einen ersten Schritt zur Entlastung der erschließungsbeitragsbetroffenen Anlieger zu
erreichen, ist folgende Maßnahme angezeigt:
Die Abgrenzung, ob mit einer Maßnahme ein (mittlerweile beitragsfreier) Ausbau oder eine
(beitragspflichtige) Erschließung erfolgt, wird in den Kommunen sehr uneinheitlich und
mitunter oberflächlich vorgenommen. Regelmäßig stellen die Bauämter der Kommunen auf
die bloße Betrachtung der Straße ab und stufen die geplante Maßnahme deshalb als
Erschließung ein, weil es sich nach Inaugenscheinnahme der Straße um „Sandpisten“
handele. Dies ist jedoch eine falsche Herangehensweise. Das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 11.07.2007 (Az: BVerwG 9 C 5.06) definiert, dass zur
Abgrenzung der Frage, ob Ausbau oder Erschließung vorliege, es nicht darauf ankomme,
wie die Straße im Moment der gemeindlich geplanten Maßnahme aussehe, sondern darauf,
ob die Straße jemals entsprechend eines seinerzeitigen technischen Ausbauprogramms
oder entsprechend den örtlichen Ausbaugepflogenheiten hergerichtet worden war. Dabei
genügt es, wenn die Anlage irgendwann vor dem 03.10.1990 fertiggestellt war. Hiernach soll
es nicht möglich sein, die nach den seinerzeit maßgeblichen Voraussetzungen endgültig
hergestellte Anlage später in den Zustand der „Unfertigkeit“ zurückzuversetzen. Zugleich
betont das Gericht, dass selbst bei Vorliegen eines Ausbauprogramms und dessen etwaigen
Nichtbefolgens zu prüfen sei, ob dieses nicht durch Ausbaugepflogenheiten überlagert
worden ist. Schließlich wird betont, dass die Gemeinde für die Erstmaligkeit der Herstellung
beweispflichtig ist. Archivuntersuchungen zur Prüfung der Historie der jeweiligen Straße
finden regelmäßig nicht statt. Daher soll die Stadtverwaltung aufgefordert werden, der ihr
obliegenden Beweislast dahingehend nachzukommen, selbstständig die Historie der Straße
zu rekonstruieren, um somit eine rechtssichere Abgrenzung zwischen Ausbau und
Erschließung zu erreichen. Zugleich sollen die ehemals bestehenden örtlichen
Ausbaugepflogenheiten untersucht werden, um so frühzeitig festzustellen, ob es sich bei den
geplanten Maßnahmen um Ausbau oder Erschließung handelt. Dies beugt Frustrationen bei
den Anliegern und möglichen gerichtlichen Auseinandersetzungen vor.
Letztlich geht es der AfD-Fraktion Leipzig darum, dass die Erschließungsbeitragssatzung an
geltendes Recht bzw. die geltende Rechtsprechung angepasst wird.