Anfrage zur Ratsversammlung am 09. November 2022
Lesezeit: 2 Minuten

Gegen das Vergessen – Die deutschen Heimatvertriebenen in Leipzig

Anfrage-Nr. VII-F-07839

Sachverhalt
Ab Oktober 1944 begannen Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den
ostdeutschen Gebieten und südosteuropäischen deutschen Siedlungsgebieten. Etwa 12 bis
18 Millionen Deutsche wurden bis 1950 teilweise gewaltsam aus ihrer Heimat nach West-
und Mitteldeutschland vertrieben oder zwangsumgesiedelt. Leipzig als eine der größten
mitteldeutschen Städte war ein Dreh- und Angelpunkt dieser europaweiten Flucht- bzw.
Vertreibungsbewegung. Ende 1948 lebten in der Messestadt ca. 73.000 „Umsiedler“
(verharmlosende amtliche Bezeichnung der Flüchtlinge und Vertriebenen in der sowjetischen
Besatzungszone) und mussten sich den neuen Verhältnissen anpassen.

Heimatverbundene Ostpreußen, Sudetendeutsche, Ober- und Niederschlesier – in der SED-
Diktatur galten sie schnell als Staatsfeinde, Revanchisten, Volksverhetzer. Die offizielle Linie
der DDR-Führung lautete ab Mitte der fünfziger Jahre: „Wer sich jetzt noch als Vertriebener
bekennt, macht sich der Volksverhetzung schuldig.“ Brauchtumspflege, Austausch von
Erinnerungen, Treffen mit Freunden – all das war für viele Flüchtlinge und Vertriebene nur im
Verborgenen möglich. Der Leipziger Zoo war seinerzeit einer dieser heimlichen Treffpunkte –
zumindest bis zum Volksaufstand 1953.

Erst mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten endete die Diskriminierung der
Heimatvertriebenen östlich des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“. Schnell gründeten sich
auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zahlreiche Verbände und Organisation, welche
sich den Interessen der Heimatvertriebenen verpflichtet sahen. In Leipzig übernahm der
Bund der Vertrieben (BdV) – Kreisverband Leipzig e.V. 1991 diese Aufgabe. Von den ca.
36.000 Vertriebenen, welche nach der Wende noch in Leipzig lebten, engagierten sich knapp
1.200 im BdV. Besuchsfahrten in die alte Heimat, Herausgabe von kleinen Broschüren,
Beschaffung von Urkunden oder das Abhalten von Feierlichkeiten prägten das Vereinsleben
der deutschen Heimatvertriebenen nachhaltig. In den letzten Jahren wuchs unter den
Mitgliedern des BdV-Kreisverband Leipzig e.V. die Angst davor, dass Mitgliederschwund,
Überalterung der Mitgliedschaft sowie gesamtgesellschaftliche Veränderungsprozesse zu
einer Schwächung des Vereinslebens führen würden.

Daher fragen wir an:
1. Welche Aktivitäten entfaltet die Stadt Leipzig bisher, um Kultur, Tradition sowie
Erinnerungen an Flucht und Vertreibung der Deutschen aus den ostdeutschen Gebieten
bzw. südosteuropäischen deutschen Siedlungsgebieten aufrechtzuerhalten (z.B.
Ausrichtung von Veranstaltungen zum Tag der Heimat, Kenntlichmachung
symbolträchtiger Orte der Vertriebenen, Straßenbenennungen)? Sind weitere Aktivitäten
geplant?

2. In welcher Form unterstützt die Stadt Leipzig die Arbeit der Heimat- und
Vertriebenenverbände auf kommunaler Ebene finanziell? Falls eine solche Förderung
erfolgte oder erfolgt, bitte Förderjahr und -summe angeben.

3. Welche Verbindungen pflegte bzw. pflegt die Stadt Leipzig zu ehemaligen ostdeutschen
bzw. südosteuropäischen deutschen Siedlungsgebieten?

4. Welche Verbindungen pflegt die Stadt Leipzig zu deutschen Minderheiten im Ausland?

5. Welchen Einfluss hat die Entscheidung der polnischen Regierung, den Sprachunterricht
für die deutsche Minderheit in Polen radikal einzukürzen, auf die Beziehungen der Stadt
Leipzig zu Polen bzw. zur Partnerstadt Krakau?

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