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Lesezeit: 3 Minuten

Redebeitrag Stadtrat Christian Kriegel in der Ratsversammlung am 19. Mai 2022

zur Beschlussvorlage-Nr. VII-DS-06745 „Konzeption zur Implementierung einer Zero Waste Strategie für die Stadt Leipzig“

Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
werte Kollegen Stadträte,
liebe Zuschauer im Saal und am Livestream,

wir sind uns sicher alle einig, dass Abfallvermeidung eine positive Sache ist. Auch mir persönlich liegt dieses Ziel sehr am Herzen und ich versuche stets, in meinem Umfeld dafür zu werben.

Aber: „Wir werden, solange wir Menschen existieren, nicht abfallfrei sein. Zero Waste ist eine Utopie.“ Diese Sätze sind nicht von mir, sondern von Said Al-Akel, Professor für Grundbau, Bodenmechanik und Umweltgeotechnik an der HTWK Leipzig, zitiert aus der LVZ. Damit ist eigentlich zu dem Thema und der hier auf der Tagesordnung stehenden Vorlage fast alles gesagt.
Aber: Wir können uns dem Ziel natürlich annähern, wie auch Professor Al-Akel meint. Eine Gesellschaft ohne Abfall ist nicht möglich, sodass der Titel der Vorlage also völlig daneben ist. „Zero Waste Strategie“ ist eher als ein wohlklingender Marketingbegriff zu werten, als dass es sich um eine ernsthafte politische Strategie handelt.

Eine weitere Abfallvermeidung und Verbesserungen beim Recycling sind aber natürlich möglich. Doch die hier zur Abstimmung stehende Vorlage bietet dafür die falschen Lösungsansätze.
Das beginnt schon damit, dass schon am Anfang der Vorlage eine vermeintliche Klimawirkung der Strategie herbeifabuliert wird. Sogenannter Klimaschutz soll also in schlechter grüner Tradition wieder dem eigentlich wichtigen Umweltschutz vorangestellt werden. Dieser – bitte entschuldigen Sie – Mumpitz ist natürlich abzulehnen. Das wird auch daran deutlich, dass häufiger der Begriff „Vision“ im Zusammenhang mit der Strategie in der Vorlage erwähnt wird. Schon der große Sozialdemokrat Helmut Schmidt wusste bekanntlich, dass zum Arzt gehen solle, wer Visionen habe. Wir als Stadtverwaltung sollten uns doch eher mit der Realität beschäftigen. Die Vorlage trieft jedoch nur so von Bezügen zu ideologischen und realitätsfernen politischen Machwerken wie dem „Europäischen Green Deal“ oder gar – sehr lustig übrigens – dem Koalitionsvertrag der derzeit noch amtierenden Bundesregierung.

Auch die Ablehnung der Müllverbrennung in dieser Vorlage ist als ein Irrweg zu betrachten. Zahlreiche große und kleine deutsche Kommunen profitieren von Müllheizkraftwerken, die Deponien weitgehend überflüssig machen und günstige und umweltfreundliche Energie produzieren. Wir in Leipzig könnten uns glücklich schätzen, hätten wir ein solches Müllheizkraftwerk. Wichtiger wären marktwirtschaftliche Anreize für die Industrie zur Ressourceneinsparung und Abfallvermeidung. Hier könnte tatsächlich ein erheblicher Effekt erzielt werden. Solche Anreize können wir als Kommune aber kaum bieten, hier sind Bund und Land gefragt.

Für uns als Stadt Leipzig ist es dringend nötig, verstärkte Kampagnen zur Förderung der Abfallvermeidung in Industrie und Privathaushalten durchzuführen. So könnten wir noch mehr als bisher an das gute Gewissen und die Vernunft der mündigen Bürger unserer Stadt appellieren und unangebrachte Bevormundungen unseres Souveräns vermeiden. Ein bürokratisches Monstrum wie Zero Waste, das sich auf fragwürdige politische Texte bezieht, ist nicht das richtige Instrument zur Abfallvermeidung und somit der Schonung unserer Umwelt.

Die Vorlage lehnen wir daher ab, den realitätsfernen Änderungsantrag der Grünen selbstverständlich auch. Der Änderungsantrag der CDU ist grundsätzlich unterstützenswert, ich bin aber skeptisch, ob ein solcher sinnvoller Grundsatzbeschluss im Rahmen eines Änderungsantrages zu dieser Vorlage gefasst werden sollte, oder nicht lieber im Rahmen eines eigenen Antrags.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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